Von der siebten bis zur dreizehnten Klasse besuchte ich in Flensburg ein Gymnasium. Über die Kolonialzeit, geschweige denn über Flensburgs Handel mit Kolonialwaren und dem daraus in der Stadt resultierten Reichtum, wurde mir leider nichts beigebracht.
Für ein Schülerpraktikum kam ich zum ersten mal mit dem Getränk Rum in Berührung, daraus ergab sich anschließend die Arbeit auf der Flensburger Rumregatta in den Jahren 2013&2014.
Damals nahm ich diese primär als ein spaßiges Stadtfest wahr.
Während meines Studiums der Geschichtswissenschaften in Marburg, wurde ich zunehmend an postkoloniale Theorien herangeführt. Zum Ende der Studienzeit absolvierte ich ein Praktikum im Flensburger Schifffahrtsmuseum;
Das war ein Schlüsselerlebnis für meine Abschlussarbeit.
2020 beendete ich den Bachelor mit folgender Thesis:
Eine Rumstadt. Leidet Flensburg an kolonialer Amnesie? Eine Debatte von 1993-2020.
Die dafür angestellten Forschungen riefen in mir ein intrinsisches Bedürfnis hervor
das koloniale Erbe Flensburgs weiter zu verfolgen, eine kritische Stimme meinerseits erklingen zu lassen und eine gemeinsame Aufarbeitung von Flensburg und Dänemark voranzutreiben. Denn es darf nicht vergessen werden, dass es sich um eine gemeinsame Geschichte handelt.
2021 wurde meine Bachelorarbeit mit dem Willi Piecyk Preis der SPD Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Diese Wertschätzung bestärkte mich darin, nicht aufzugeben und meine bis dato imaginären Pläne eines digitalen postkolonialen Stadtrundganges mehr und mehr real werden zu lassen. Ich verfolge eine Ergänzung zu der üblichen Geschichtserzählung. Durch den digitalen postkolonialen Stadtrundgang sollen neue Erzählstränge initiiert werden, um die Stadtgeschichte mehrdimensional zu beleuchten.
Im Herbst 2021 wurde der Förderantrag von
Flensburg startet durch! bewilligt. Schnell war ein Team gefunden, das mit geringen finanziellen Mitteln die digitale Umsetzung realisierte.
Trotzdem ist PokoFL eine kostenlose App, denn wir, das Team von PokoFL verfolgen die Philosophie eines gemeinnützigen Projektes.
Ein großes Dankeschön geht an
Julian Hahnefeld für die Erstellung der Grafiken, Bilder und des Webseitendesigns,
Johann Keller für die Erstellung und Umsetzung des Webseitendesigns,
Nils Christiansen für die technische Leitung und Umsetzung des Projekts,
Flensburg startet durch!, das Team der VentureWærft, Lino Agbalaka,
Martin Meesenburg und Alle, die mich auf meinem Weg wohlwollend begleitet haben.
Mein persönlicher Wunsch ist es viele Leute für Geschichte im Allgemeinen zu begeistern und auch wenn, oder gerade weil, die koloniale Vergangenheit kein Ruhmesblatt ist, ist es von Bedeutung diese kritisch zu beleuchten. Zu hinterfragen was bis heute in der Aufarbeitung weniger gut funktioniert hat und sich an positiven Beispielen zu orientieren, wären ein Schritt in die richtige Richtung. Denn, und es wird noch einige Male zu lesen sein, aber ich kann es nicht oft genug betonen, koloniale Denkweisen brachten strukturellen Rassismus hervor, der wiederum in
Alltagsrassismus
übergreift und somit ist eine Aufarbeitung der Kolonialgeschichte auch immer eine Arbeit gegen Rassismus.
Gerne möchte ich PokoFL in weiteren Städten etablieren, dann natürlich nicht als PokoFL sondern beispielsweise als PokoHH oder PokoKH (Kopenhagen).
Luzie Metzdorf